Wie viele Musiker bilden ein Rankett?
Eine ganze Riege vielleicht? Die sich
aneinander entlangranken? Einmal quer über die Bühne?
Oder kommt Rank statt dessen von Ränke,
also Hinterhalt, Komplott, Bosheit, Machenschaft? Musiker also, die
sich gegenseitig fertigmachen und gegeneinander verschwören? Ach
nein, so etwas bezeichnet man ja als Orchester.
Dann ist es ja am Ende ein
Schreibfehler und bezieht sich auf das Bankett, das Festessen nach
dem Konzert?
Nicht ganz. Bei einem Rankett braucht
man nur einen einzigen Musiker, den Bläser desselben nämlich, denn
es handelt sich bei diesem kompliziert gebauten, wennauch einfach
aussehenden Gerät um ein Holzblasinstrument, das sich in der
Renaissance und später (in abgewandelter Form) im Barock großer
Beliebtheit erfreute.
Kurz und rund ist ein Rankett, in etwa
so groß, wie ein italienisches gerolltes Weißbrötchen (diese
bröseligen Dinger, die immer ein wenig nach Bauschaum schmecken und
deren Geschmack unausweichlich mit dem Gefühl eines sonnigen
Urlaubstages in Florenz oder einer ähnlichen Stadt verbunden ist).
Wer jemals seinem quengelnden Zweijährigen so ein Brötchen in die
Hand gedrückt hat, damit es etwas hatte, auf dem es herumschnullen
konnte und somit die Backen hielt, weiß auch, wie das Instrument
gehalten wird. Genau so nämlich, wie der Zwerg das Brötchen packt:
Mit beiden Händen, die sich gegenüberliegen. Mehr Platz ist auf so
einem Rankett nämlich nicht. Um die Hände untereinander anzuordnen,
wie man es auf einer Blockflöte, einer Klarinette, Oboe und
dergleichen macht, müsste man schon ein zweites Rankett
darunterhalten. Wir sehen: Die Dinger sind kurz und breit. Der Danny
DeVito der Holzblasinstrumente sozusagen.
Was so kompakt aussieht, in etwa wie
das Innere einer Rolle Toilettenpapier, in die jemand das Mundstück
einer Oboe gesteckt hat (an dieser Stelle vergessen wir den vergleich
mit Danny DeVito bitte wieder) und von daher wirkt, als könne es nur
einen sehr kümmerlichen, hohen oder zumindest gepresst-leisen Ton
erzeugen, klingt allerdings überraschend tief und sonor.
Den Grund hierfür finden wir in der
speziellen Bohrung des Instruments. So ein Rankett ist gewissermaßen
die Tardis der Rohrblattinstrumente: Innen beträchtlich länger als
außen, zumindest, was den „Luftweg“ betrifft, ermöglicht durch
eine Bohrweise, die aussieht, als habe sich ein sehr dicker Holzwurm
(nennen wir ihn „Danny“) mit Orientierungsproblemen darin
ausgetobt. Neunmal windet sich die Innenbohrung, als hätte man
versucht, die röhre zusammenzufalten, damit sie in den viel zu
kleinen Korpus passt.
Fragen Sie mich nicht, wie so etwas
möglich ist. Vermutlich haben sie tatsächlich übergroße Holzwümer
in einen Brummkreisel gesteckt und anschließend auf einem
Holzzylinder freigelassen, die Tierquäler! :)
Gustav Mahler soll ja einmal auf die
Frage, wie man denn eigentlich komponiert, geantwortet haben: „Wie
man komponiert? Tja, wie komponiert man? Wie macht man eine Trompete?
Man nimmt ein Loch und wickelt Messing darum herum. So ungefähr
komponiert man auch.“
Auf die Frage, wie man ein Rankett
baut, hätte er vermutlich gesagt: „ Man wickelt ein Loch auf und
steckt es in ein dickes Stück Ast!“
Das Heinrich-Schütz-Haus in Bad
Köstritz hat folgende, recht anschauliche Darstellung dieser Bohrung
auf seiner Webseite: *klick*
Das Renaissance-Rankett ist seit etwa 1580 schriftlich belegt (1576 taucht es in einer Auflistung unter dem Namen Raggett auf), in der Barockzeit ändert sich die Bauweise, wobei die Namensgebende Rankung der Bohrung mitsamt dem kompakten Korpus erhalten bleibt. Anstatt oben auf dem Instrument ein schalmeiähnliches Doppelrohrblatt anzubringen, wurde das Barockrankett in der Länge des Rohres sogar noch erweitert. Zwar nicht durch eine weitere Schlingung im Inneren des Körpers, jedoch wurde der Doppelrohraufbau durch ein Metallrohr nach außen ersetzt, an dessen Ende sich ein Fagottmundstück befindet. Lediglich die Windung der Bohrung unterscheidet ein Barockrankett also noch von einem kleinen Fagott. Anders gesagt: Käme jemand auf die glorreiche Idee (die jeder Fagottspieler sofort begrüßen würde), ein Klappfagott zu erfinden und trabte damit stolz zum Patentamt, so würde man ihn da mit einem Verweis auf ein Rankett und einem müden „Gibt es schon!“ wieder nach hause schicken. Eine Runde Mitleid für den Klappfagottbaumeister!
Zugegeben, es gibt noch einen weiteren
Unterschied zum Renaissancerankett: Das Anblasrohr führt am unteren
Ende des Instrumentes (also quasi am eigentlichen „Ausgang“ des
unrprünglichen Instruments) durch die Windungen nach oben und
entlässt den Schall an der Stelle, an der in der Renaissance
eigentlich hineingeblasen wurde: Am türmchenartigen Aufsatz, der
einst das Rohrblatt (bzw alle beide) enthielt. Man bläst also
sozusagen falsch herum in das Instrument, zum ehemaligen Auspuff
hinein und zur Mundöffnung wieder heraus.
An dieser Stelle muss ich mich nun
leider verabschieden, um mir die Assosation mit Danny DeVito mittels
einer eiskalten Dusche und eines gut durchgekauten Stücks Seife ein
für alle Mal aus dem Kopf zu waschen. Wer allerdings ein Rankett „in
Action“ erleben möchte, kann es sich hier anhören: klick
Kommentare
Kommentar veröffentlichen