In an Octobasse's garden...
Es gibt ja bekanntlich nichts, was es
nicht gibt. Und das gilt natürlich auch für Musikinstrumente. Es gibt
allerdings vieles, bei dem man sich fragt, wozu es überhaupt gut
sein soll.
Instrumenbauer fertigen gerne
Meisterstücke, in die sie all ihre Kunstferigkeit legen, deren
Zweckmäßigkeit allerdigs...nennen wir es einmal “streitbar”
ist.
Die keinste spielbare Geige der Welt,
das weltgrößte Akkordeon, das krummste Krummhorn, das älteste
Althorn, das letzte Einhorn...ich denke, es ist klar, was ich
ausdrücken möchte. Diese Blockflöte für Tausendfüß- bzw.
Tausendfingerer, die ich während eines Konzertes im Club Passage in
Dresden entdeckte, dürfte ein Beispiel dafür sein, dass nicht alles
gut ist, nur weil es aus dem Rahmen fällt.
Diese Miniaturgeige hier *klick* ist sicher ein Beweis dafür, dass der Baumeister nicht zu den Grobmotorikern zählte, nur werden wir sie sicher selten in Aktion bewundern dürfen. Eine “Sonate für Zwergenvioline und Basso Continuo” ist mir jedenfalls nicht bekannt. Tanzmeistergeigen hingegen sind ebenfalls winzig, erfüllen aber durchaus ihren Zweck: Klein, handlich und dennoch genauso gut spielbar zu sein, wie ihre großen Geschwister. Lediglich an der Lautstärke hapert es ein wenig, aber diese Instrumente waren ja auch nicht für Konzerte im großen Rahmen gedacht, sondern sollten den Tanzmeistern, nach denen sie ja auch benannt sind, ermöglichen, gleichzeitig eine Tanzmelodie zu spielen und die dazugehörigen Schritte vorzuführen. Die Geige mit dem stark verkleinerten Korpus konnte zwischendurch einfach in die Tasche gesteckt, und somit auch schnell und problemlos transportiert werden. Einige dieser Geigen boten sogar die Möglichkeit, den ebenfalls stark verkleinerten Bogen direkt in das Instrument zu schieben und so beides auf einmal zu transportieren. Und da man beim Tanzen bekanntlich leicht ins Schwitzen gerät,vor allem, wenn man eine dieser gewitterwolkenähnlichen barocken Lockenperücken auf dem Schädel trägt, verfügten manche Tanzmeistergeigen auch über einen ausklappbaren Fächer, der wieder für Kühlung sorgte. Man konnte sich also mit seiner Geige Luft zufächeln. Wer das mit einer heutigen Otto-Normalgeige versucht (oder besser noch mit einer Bratsche) riskiert ein blaues Kinn.
Was
man besonders klein bauen kann, kann man natürlich auch entspechend groß
zusammenzimmern. Neben einem Oktobass sieht schon ein gängiger
Kontrabass, der den meisten Leuten riesig vorkommt, aus wie ein
Kinderinstrument, eine Violine wirkt wie eine Spur-H0-Version und
eine Tanzmeistergeige würde man neben so einem riesigen Lulatsch
vermutlich gar nicht wiederfinden.
Zum
Vergleich hat sich der liebe Florian von Zirp netterweise neben
seinem “normalen” Bass fotografieren lassen. Wer Zirp übrigens
nicht kennt, kann sie hier auf Facebook finden. Die Band ist es auf
alle Fälle Wert, gehört zu werden.
Ein
Bild von einem Oktabass zu knipsen, werde ich vermutlich so bald
nicht schaffen, denn sein Erfinder, der französische
Geigenbaumeister Jean Baptiste Vuillaume, der das Instrument im Jahr
1850 in die Welt entließ, hat nur insgesamt 3 Stück davon gebaut.
Anregend zu Seite gestanden hat ihm dabei der Komponist Hector
Berlioz, dessen Symphonie Fantastique in diesem Beitrag zerpflückt
wurde: klick. Von
diesen 3 Instrumenten haben nur zwei überlebt, das dritte kremierte
bei einem Brand in der Englischen Oper in London. Und diese zwei
Restbässe befinden sich leider auch nicht gerade um die Ecke. Wenn
ich einmal reich und berühmt bin (oder nur reich, auf das
Berühmtsein kann ich verzichten, ich finde “meine Ruhe” eine
ganz wunderbare Erfindug), oder einen Oktobassisten geheiratet habe,
werde ich sie mir sicher einmal ansehen und ablichten, bis dahin muss
ich leider ein Fremdbild verlinken, denn so ganz ohne Bildmaterial
kann man sich die enorme Größe des Oktobass nicht wirklich
vorstellen. *Klick*
und
*klick*
Und ich dachte immer, eine Doppelpedalharfe sein das Sperrigste, was
man sich musikalisch anschaffen könne....
Wie
man auf dem zweiten Bild ganz gut erkennen kann, braucht es gleich 2
Musiker zur Bedienung eines solchen Instrumentes. Sollte ich also
tatsächlich einen Oktobassisten heiraten wollen, müsste ich vermutlich
zuerst zu einer Religion wechseln, die es mir ausdrücklich erlaubt,
gleich 2 Männer gleichzeitig zu ehelichen. Einen für obenrum und
einen für die unteren Bereiche...nein, nicht, was Sie jetzt denken,
ich spreche vom Bassspiel. Der “Underdog” (bzw Underbassist)
spielt die Saiten mit dem Bogen an, der Topdog greift die Saiten
mittels einer Mechanik am Griffbrett ab, wobei er auf einem am
Instrument angebrachten Podest steht. Sozusagen als Siegertreppchen,
im Sinne von “Ich habe es geschafft, ich bin der Greifer und Du nur
der Streicher und ich kann Dir auf den Kopf spucken! Yeah!”.
Oktobass
heißt der Riesenknüppel übrigens deshalb, weil er genau eine
Oktave tiefer erklingt, als der Kontrabass, der ja bekanntlich in der
Kontraoktave angesiedelt ist (daher der Name). Ob die Bezeichnung
“Sub-Kontra-Bass” nun einfach nicht schön genug klang, oder der
gute Herr Vuillaume einfach gerne Tintenfischringe aß, werden wir
zwar nie erfahren, brauchen wir aber auch nicht zu wissen, um uns an
seinem sonoren Klang zu erfreuen.
Der
Auftraggeber Berlioz wünschte sich schon lange ein Instrument mit
etwas mehr Tiefgang, und dass ausgerechnet der “Höher, schneller,
weiter, lauter”-Komponist Richard Wagner den Gebrauch des
Oktobasses ausdrücklich empfahl, wundert uns wahrscheinlich schon
lange nicht mehr. Lustig finde ich viel eher, dass keiner der beiden
das Instrument in seiner eigenen Musik einsetzte. Wagner ließ statt
dessen Kontrabässe bauen, die über eine fünfte Saite verfügten
und den Tonumfang so nach unten erweiterten, allerdings nur um eine
Terz, nicht über eine ganze Oktave. Vermutlich hätte er für die
Verwendug eines immerhin fast 3,50m hohen Oktabasses im
neugebauten Bayreuther Festspielhaus auch ein Loch in die Decke
seines speziell angefertigten abgedeckten Orchestergrabens hauen
müssen.
Der
erste Komponist, der sich dann, 5 Jahre nach der Erfindung
tatsächlich an den Einsatz des Monsterbasses wagte, war der Franzose
Charles Gounod (1818-1893) in seiner Cäcilienmesse, die ohnehin
durch ihre für Gounod ungewohnte Besetzung auffällt: Während sich
seine kirchenmusikalischen Werke, was die Instrumentation betrifft,
bis dahin mit wenig Tamtam und viel Orgel begnügten, setzte er in
der Cäcilienmesse gleich ein ganzes Sinfonieorchester ein.
“Wennschon laut, dann soll es sich aber auch lohnen!” mag er sich
gedacht haben. Auf jeden Fall wurde das Stück allgemein als sehr
beeindruckend empfunden.
Übrigens
gibt es tatsächlich moderne Nachbauten des Oktobasses und Leute, die
darauf musizieren. Der italienische Musiker
Nicola Moneta zum Beispiel, der allerdings ein Klappensystem an
seinem Instrument hat, das es ihm ermöglicht, ohne Sozius darauf zu
spielen.
Ich
werde jedenfalls nie wieder jammern, wenn ich mit meinem Cellokasten
durch die Gegend laufen muss. Klar, eine Tanzmeistergeige wäre
kleiner gewesen. Ich hätte aber auch auf die Idee kommen können,
Oktobass zu spielen.
Zirp und die Mockingbird Men... wieder mal ein Abend, der sich gelohnt hat!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen