Die Sache mit den Ohrwürmern


 
CPDL, ISMLP und RISM... nein, das sind nicht die Initialen irgendwelcher Abkömmlinge der Bach-Familie, auch wenn CPE und Konsorten ein paar weitere Geschwister vermutlich gar nicht aufgefallen wären, vielmehr handelt es sich bei diesen Abkürzungen um Internetdatenbanken, die ich immer dann heimsuche, wenn ich wieder 3 Geigentöne und einen halben Takt Tutti im Ohr habe, mit diesem Ohrwurm eine Woche lang herumrenne, mir beim besten Willen aber nicht einfallen will, woher das ganze stammt.

So geschehen erst vor wenigen Tagen. Ein einziger gebrochener Akkord, ein Durakkord, um genau zu sein, war es, der sich festgesetzt hatte und nicht wieder herauswollte. Super. Nun singen Sie mal irgendwelchen Leuten 3 aufeinanderfolgende Töne im Groß- und dann Kleinterzabstand vor und fragen Sie diese dann, ob sie das Stück kennen.... die Antworten sind, sagen wir mal, höchst unterschiedlich, werden dafür aber ausnahmlos von einem Blick begleitet, der deutlich fragt, ob Sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank haben.

Irgendwann, ich war unterwegs in der Weihnachtstrubelhölle, dudelte mir irgendein Lautsprecher dieses unsägliche Lied vom Rebhuhn im Birnbaum vor, und schon waren 5 weitere Töne dazugekommen, die ich, kaum zuhause angekommen, wie eine Besessene in die virtuelle Tastatur des Repertoire International des Sources Musicales (RISM) hackte, und da erschien es: John Dowlands wunderbares “Come again, sweet love doth now invite”. Ich war gerettet. Jedenfalls für diesen Tag.

Besonders nervenaufreibend ist es übrigens, wenn man das Stück in einer bearbeiteten Fassung oder (noch schlimmer!) als verfremdetes Zitat in einem völlig anderen Kontext im Kopf hat und sich nun auf die Suche nach dem Original begibt. Wie beispielsweise bei "O drapetis” aus dem Mauthausen-Zyklus von Mikis Theodorakis. Da hört man dann quasi eine nette kleine Bouzuki-Melodie in seinem inneren Ohr, gerne auch mal ein Cembalo (das durch die angezupften Stahlsaiten ähnlich klingt, aber für nichtgriechische Orchester einfacher zu besetzen ist), schnell, mit spielerischer Leichtigkeit. Wie Mozart nach einem Glas Rotkäppchen-Sekt. Und bei der Originalversion handelt es sich um das langsam und getragene Geigenvorspiel zur Tenorarie aus Händels Oratorium “Messias”. Darauf muss man in so einem Moment dann erst mal kommen!
Ürigens sang mir gerade heute eine Kollegin ein sehr bekanntest Stück vor, bei dem ich ihr im Brustton der Überzeugung erklärte, es sei der Radetzky-Marsch, das wisse doch so ziemlich jeder!
Ihre Antwort: “Eben nicht! Den haben wir gefühlte 100x daraufhin angehört und diese Stelle ist nicht dabei!”

Tja, danke für den Ohrwurm, Frau Kollegin. Ich weiß jedenfalls, auf welchen Internetdatenbanken ich heute so durch die Nacht surfen darf!


Heute began der Tag schon musikalisch: Rebekka kam mit ihrem Cello vorbei und wir händelten und bachten uns durch den Vormittag.





Weihnachtsfeier im Kollegium, Schrottwichteln inklusive. Und natürlich ging nichts ohne Mischka mit ihrer Pinselfrisur :)

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