Hach ja, der Friedi... ein Drama in mindestens 3 Akten



Information über Wilhelm Friedemann Bach bekommt man recht schnell (# Morbus Wikipedimus). Sobald man aber versucht, zu hinterfragen, weshalb sich sein Leben so unspektakulär entwickelt hat und warum ausgerechnet dieses Originalgenie sich nicht zum “Großen Bach” aufschwingen konnte, sondern, im Gegenteil, in verarmten Verhältnissen (wennauch nicht ganz unvergessen) starb, dann landet man entweder unausweichlich bei den zweiWerken, die ihn zwar irgendwie unsterblich gemacht, aber dabei gleichermaßen zum Loser auf ganzer Linie abgestempelt haben:
Bei den beiden Schinken von Albert Emil Brachvogel (“Friedemann Bach”) und Carl Hermann Bitter (Carl Philipp Emanuel Bach, Wilhelm Friedemann Bach und deren Brüder”), oder aber irgendwo in der Gegenrichtung: Auf der ganz esoterischen Linie.
Freud lässt mal wieder grüßen und unterstellt ihm (mittels seiner Anhängerschaft ) mal ganz fix eine labile Persönlichkeit, ein Leben zwischen Eifersucht und Stolz, sowie einen ausgeprägten Ödpuskomplex, der in diesem Fall sogar irgendwie nachvollziehbar wäre, zumindest wenn man das Wort Mutter durch “Stiefmutter” ersetzt, die ihm ja gerade mal 9 Jahre voraus hatte und offensichtlich ziemlich knackig war. Und, ja, die Sache mit dem übermächtigen Vater kann man sich vorstellen, unter den gegebenen Umständen. Bach-Sohn zu sein drückt einem schon einen gewissen Stempel (mit dem dazugehörigen Anspruch, der Nachwelt gefälligst etwas zu bieten) auf..

Nimmt man jetzt noch die teilweise doch recht abstrusen Spekulationen dazu, Friedemanns leibliche Mutter Maria Barbara habe sich das Leben genommen, da ihr Ehemann die Gesellschaft fremder Betten spannender fand als seine eigene (ältere) Ehefrau, und die arme Stiefmutter Anna Magdalena sei ebenso begabt gewesen wie ihr Ehemann (was jetzt nicht unwahrscheinlich ist: Erste Sängerin und (nach dem Kapellmeister) bestbezahlte Musikerin am Köthener Hof wird man ja nicht einfach so, weil man so hübsche Fußgelenke hat), habe aber ihre besten Arbeiten nur unter dem Pseudonym ihres Mannes veröffentlichen dürfen (auch irgendwie logisch: Als freischaffende Komponistin konnte man keinen Fuß auf die Erde bringen, als Sopranistin (das sind die mit den 2 X-Chromosomen, nicht die Rotznasensoprane, die den Stimmbruch und den Wechsel ins Männerregister noch vor sich haben) hatte man an einer Kirche (wir sprechen von der Leipziger Zeit) nicht wirklich eine Aufgabe, und dass in einem Haushalt wie dem Bachschen alle zusammengearbeitet haben, wenn es an das Aussetzen fehlender Stimmen und die Abschrift oder Umarbeitung für die einzelnen Instrumente ging, ist ebenfalls nachvollziehbar, Bachs Arbeitspensum war zeitenweise enorm und wenn es ans Ausgeben des Geldes ging, waren ja irgendwie auch alle dabei. Ist schon faszinierend, wie schnell sich Familien ans Essen gewöhnen...), jedenfalls kann man sich dann so ungefähr vorstellen, was für Hobbypsychologen sich an dem armen Friedemann ausgetobt haben. Friedi und Anna gegen den Rest der Welt, oder so ähnlich... hach ja, man kann's teilweise kaum lesen, ohne sich zwischendurch ein Stück trockenes Brot zu holen, um das Schmalz irgendwie aufzusaugen. Oder um es auf diejenigen zu werfen, die mit einer geradezu erschreckenden Ernsthaftigkeit zwei Jahrhunderte Frauenbewegung zunichte machen.

Zurück zum Friede, wie er gerufen wurde: Ein kleines bisschen ausführlicher sollte es werden, als die erwähnten Wiki-Artikel, ein großes bisschen kürzer als die Rowolt-Monografie, und ein Schnüsschen (sorry, aber ein dritter Ausdruck für “nicht viel” ist mir gerade nicht eingefallen, also musste ich schnell einen erfinden, und dafür klingt schnüsschen doch ganz gut, oder nicht?) mehr Verständis oder zumindest den Versuch davon, wollte ich auch ganz gerne zeigen.

Und geau deshalb wird es heute keinen Blogpost über Papas Liebling aus Weimar geben, Aber dafür die Ankündigung eines solchen, den ich in allerdigs auf mindestens zwei, wennicht sogar drei Blogposts aufteilen werde, denn schließlich möchte man für das Lesen eines Blogeintrages keine drei Stunden einplanen. Somit eröffne ich die Friedi-Woche an dieser Stelle und wünsche viel Spaß mit dem kleinen großen Clavesmalträtierer in den kommenden Tagen!

Hier geht es übrigens zu Teil 2 und Teil 3 der Plauderei.




Frau Finemang geht Schüler malträtieren...
 

Überall gibts es hübsche Winkel in dieser Stadt. Sogar von den Hinterhöfen aus gesehen.

Kommentare

  1. Wow deine Texte sind aber sehr lang! Ein Tipp, wenn du möchtest mach doch am Anfang deiner Blogs etwas größer geschriebene Einführungszeilen um was es geht damit man weiß ob mans lesen möchte oder nicht und nicht einfach nur weiter klickt :) Liebe Grüße, Janina von http://feathertrjbe.blogspot.de/

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  2. Ja, könnte ich machen, das wäre vielleicht eine Idee. Danke für den Tipp, ich werde das in den nächsten Tagen mal probieren und dann schauen, ob es mir besser gefällt.

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