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Es werden Posts vom Juni, 2015 angezeigt.

Savoir Senser - Warum wir traurige Musik so lieben

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Ein paar Jährchen ist es nun schon her, da saß ich einer Klasse gegenüber, die beinahe ausschließlich aus Asiaten bestand. Ein einsamer Franzose, der übrigens binnen kürzester Zeit zum Schwarm eines halben Kontinents avancierte, und eine Baskin rundeten die Gruppe ab. Als eine Reihe von kurzen Einzelvorträgen zum Thema „Welche Musik hören die Mitglieder meines Freundeskreises ein meiner Heimat und in welcher Situation hören wir diese Musik?“ anstand, wurde es musikalisch gesehen bunt in der Klasse. Die Peking-Oper wurde genauso vorgestellt (und ein Stück daraus sogar vom Schüler selbst vorgesungen) wie japanischer Elektro-pop. Und der Franzose steuerte einen Song eines Sängers namens Florent Pagny bei. „Savoir Aimer“ (Wissen, wie man liebt) heißt das Stück und wurde uns mit den folgenden Worten angekündigt: „Wenn Du bist traurig oder hast eine Problem mit Deine Freundin und Du hörst diesen Chanson...Du springst bei dem Fenstäär!“ „Bei dem Fenster“ sind wir nicht gesprunge

Vergleichende Musikwissenschaft - kann das funktionieren?

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Vergleichende Musikwissenschaft – geht so etwas überhaupt? Natürlich geht das, weshalb denn nicht? Werden sich wohl die meisten denken, die diese Überschrift gelesen haben. „Man nimmt 2 Arten von Musik und vergleicht sie miteinander. WO ist denn hier bitte das Problem? Was für eine wahrhaft blöde Frage“. Ja, so gesehen scheint es ja tatsächlich nicht schwierig zu sein, Vergleiche zu ziehen, wobei die zugrunde liegende Frage allerdings auch ausdrücken muss, was genau man denn nun miteinander vergleicht: Lautstärke? Melodiebildung? Schönheit oder gar Kunstfertigkeit? Sind Lautstärke und Melodiebildung nun noch Parameter, die man einigermaßen neutral in Bezug zueinander setze kann (das eine ist vielleicht durchgehend fortissimo zu spielen, während das andere im piano beginnt und sich erst in bestimmten Abschnitten steigert, das erste Stück ist überwiegend aus Sekunden aufgebaut, was es somit sehr sangbar macht, während im zweiten Stück größere Sprünge zu finden sind, oder beginnen b

Das Trauma des 20. Jahrhunderts - Krieg und Grausamkeit in der Musik

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Der zweite Weltkrieg war ein traumatisierendes Ereignis für Kunst, Literatur und Musik. Ein nicht unerheblicher Teil der aus Deutschland und Österreich stammenden so genannten „entarteten“ Künstler, Schriftsteller und Musiker hatte das Land verlassen oder war aufgrund seiner Haltung dem NS-Regime gegenüber kaltgestellt worden, mit Aufführungsverboten belegt, durftee nicht verlegt oder verkauft werden („Innere Emigration“).

Alle Jahre wieder - vom Jojo-Effekt der saisonalen Gebrauchsmusik

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Wenn es einen Preis für das nervtötendste Musikstück aller Zeiten gäbe: Wer würde ihn wohl abräumen? Und anhand welcher Kriterien ließe es sich festmachen? Kriterien, die ein Musikstück außergewöhnlich machen, gibt es viele: Neuartig muss es sein, etwas nie dagewesenes wagen, richtungsweisend sein. Beethoven hatte so etwas wie ein Abonnement auf dieses Bewertungsmerkmal. Was auch immer der Herr mit der Hobbitfrisur auf den Musikmarkt warf, stieß alte Regeln um, änderte althergebrachte Schemata, setzte die Messlatte ein Stückchen höher. Plötzlich war das ein Satz mehr als gewohnt, ein Scherzo statt eines Trios, wurde die Tonart an bislang nie dagewesener Stelle verlassen und wieder eingefangen...und doch kann man sich auf einen festen Stil verlassen. Beethoven bleibt Beethoven, er wird niemals ein stiller, zurückgezogener Komponist sein, der ein paar vorsichtige Töne in den Raum wirft und einfach mal zusieht, wie sie sich entwickeln. Trüge er ein Symbol statt eines Namens, so w

Was ist Musik? Der Tragödie zweiter Teil

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Willkommen zu Teil Zwei der offensichtliche vergeblichen Suche danach, was Musik eigentlich ist. Oder besser vielleicht: Der Frage danach, was Musik für uns ausmacht, denn es scheint offensichtlich nicht möglich zu sein, eine vernünftige Antwort nach der Natur der Musik zu bekommen. All die Dinge, die uns zu dem Thema so einfallen, wie beispielsweise Melodie und Rhythmus, Mehrstimmigkeit, formale Regeln, Sonatensatz-, Rondo-, oder weitere Formen, Themen, Motive, Imitationen...nichts davon scheint notwendig zu sein, wenn es um das Schreiben von Musik geht. Vielleicht werden ja deshalb die bekanntesten Stücke immer wieder gespielt, weil wir Dinge brauchen, an denen wir uns halten können. Bekanntes gibt irgendwie immer ein gewisses Gefühl der Sicherheit: Das hat uns beim letzten Mal nicht gebissen, also wird es das vermutlich auch diesmal nicht tun. Gehen wir also in die Zauberflöte, statt in Unsuk Chins Alice im Wunderland. Und dabei gäbe es so viele wunderbare Stücke, die mi